Thailänder fliehen vor der großen Flut Hunderte von Toten nach Monsun-Regenfällen - Weltkulturerbe in höchster Gefahr

Das Wasser kommt von allen Seiten. Von oben in heftigen Regenfällen, wie es sie nur in den Tropen gibt, aus den Flüssen, die aus dem überfluteten Norden kommen, und an manchen Stellen auch schon aus dem Boden. Während die heftigsten Monsunniederschläge seit mehreren Jahrzehnten riesige Flächen Thailands bereits seit August unter Wasser setzen, wurde Bangkok bislang größtenteils trocken gehalten. Doch nun sind die Fluten aus den Provinzen nordöstlich der Hauptstadt nicht mehr aufzuhalten. Sie bedrohen die östlichen Stadtteile der modernen Zehn-Millionen-Metropole.

Straße in Ladkrabang, Bangkok ©Katja Dombrowski
Straße in Ladkrabang, Bangkok ©Katja Dombrowski

„Die ersten Ausläufer sind bereits da“, sagt Nicholas Hollmann, der an einer Hochschule in der Nähe des internationalen Flughafens arbeitet. „Das Wasser war am Freitagnachmittag etwa knöcheltief – ich weiß nicht, ob ich am Montag noch zur Arbeit komme.“ Sein Wohnhaus liegt rund zwanzig Kilometer weiter stadteinwärts, und auch für diese Gegend gibt es eine Hochwasserwarnung. „Wir haben Lebensmittel und vor allem Trinkwasser gekauft“, sagt gebürtige Frankfurter. Die Regierung teilte gestern mit, dass sie in der Lage sei, Bangkok zu schützen. Der Fluss Chao Phraya, der durchs Stadtzentrum fließt, ist durch 2,50 Meter hohe Mauern geschützt. An vielen Stellen gibt es Deiche oder andere Vorkehrungen gegen Hochwasser; Sandsäcke werden gestapelt, und hunderte Pumpen sind im Einsatz. In den touristischen Gegenden rund um den Königspalast, die wichtigsten Tempel und Einkaufszentren ist am wenigsten von den Problemen zu sehen.

Touristen berichten von chaotischen Fahrten durch die Überschwemmungsgebiete. Offiziellen Angaben zufolge sind 28 der 77 Provinzen Thailands teilweise überflutet, mehrere Millionen Menschen seien davon betroffen. 252 Menschen kamen demnach bislang durch das Hochwasser ums Leben. Zahlreiche Fabriken mussten ihre Produktion einstellen, und auch ein Teil der Reisernte – Thailands Grundnahrungsmittel und Hauptexportprodukt - wird die Überschwemmungen nicht überstehen. Straßen sind gesperrt, Zugstrecken können nicht befahren werden, Busverbindungen wurden eingestellt. Der wirtschaftliche Schaden ist noch nicht abzusehen.

Besonders betroffen ist die ehemalige Hauptstadt und Weltkulturerbestadt Ayutthaya, rund achtzig Kilometer nördlich von Bangkok. In der berühmten 380 Jahre alten Tempelanlage Wat Chaiwatthanaram steht das Wasser zwei Meter hoch. Die UNESCO hat Thailand am Freitag Hilfe angeboten, um die historischen Stätten zu retten. Doch zunächst geht es vor allem um Menschenleben.

Weitere Monsunregenfälle sind vorhergesagt. Und auch wenn nichts mehr nachkommt, müssen die übervollen Stauseen Wasser ablassen, das die Flüsse weiter anschwellen lässt. Die Menschen in Thailand stellen sich darauf ein, dass die Situation in den kommenden Tagen, vielleicht sogar Wochen noch wesentlich schlimmer wird.